Chronik der Freiwilligen Feuerwehr Heißesheim

Feuer und Wasser sind gute Diener der Menschheit, geraten sie jedoch außer Kontrolle, sind sie schlimme Herren. Diese oft leidvolle Erfahrung mussten vor der Entstehung der organisierten Hilfsorganisationen, insbesondere der Feuerwehr, schon viele Generationen vor uns machen.

Mit der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Heißesheim untrennbar verbunden ist der Großbrand am 23. September 1912. Die beiden nebeneinander stehenden Scheunen und Stallungen der Landwirte Georg und Jakob Hörr brannten aus ungeklärter Ursache bis auf die Grundmauern nieder. Da es zu dieser Zeit noch keine Feuerwehr in Heißesheim gab, war man ausschließlich auf fremde Hilfe angewiesen. Dieser Großbrand gab den Anlass, dass die Verantwortlichen des Ortsteiles mit dem amtierenden Bürgermeister Sailer aus Mertingen die Feuerwehr Heißesheim gründeten. Auf Einladung des Bürgermeisters kamen am 21. Dezember 1913 viele feuerwehrpflichtige Heißesheimer in die Klopfer’sche Gastwirtschaft und ließen sich vom Kgl. Bezirksamtmann Oßwalt von der Notwendigkeit einer Feuerwehr für den Ort überzeugen. Während dieser Versammlung traten 23 Personen der neuen Wehr bei. Aus ihrer Mitte wählten sie Josef Klopfer als Vorstand und Stefan Sperger zum Kommandanten.

Das Gründungsprotokoll im Wortlaut:

Heißesheim, den 21. Dezember 1913

Protokoll

Betreff: Gründung einer freiwilligen Feuerwehr
Gegenwärtig Herr Kgl. Bezirkamtmann Oßwalt
Bezirksfeuerwehrvertreter Striebl
Bezirksersatzvertreter Weininger
Bürgermeister Sailer

Die obengenannten Herren begaben sich heute nach Heißesheim, um daselbst die Gründung einer freiwilligen Feuerwehr zu versuchen. Bei ihrem Eintreffen hatte sich in der Klopferschen Gastwirtschaft auf Einladung des Bürgermeisters von Mertingen bereits eine große Anzahl der feuerwehrpflichtigen Personen von Heißesheim versammelt. Herr Kgl. Bezirksamtmann Oßwalt begrüßte die Erschienenen und legte ihnen in längeren Ausführungen die Zweckmäßigkeit und Vorteile einer freiwilligen Feuerwehr dar. Auch Bezirksfeuerwehrvertreter Striebl und Ersatzvertreter Weininger befürworteten in der sich anschließenden Debatte die Gründung einer freiwilligen Feuerwehr in Heißesheim, wobei sie hervorhoben , dass die von den Erschienenen befürchtete schwere finanzielle Belastung mit Rücksicht auf die in Aussicht stehenden Zuschüsse nicht eintreten werden. Auch Bürgermeister Sailer von Mertingen befürwortete die Gründung einer freiwilligen Feuerwehr Heißesheim.

Nach längerer Besprechung und Beratung wurde folgende Gründung beschlossen.

Der neuen freiwilligen Feuerwehr traten sofort die unterzeichneten Personen mit Abgabe ihrer Unterschrift als Mitglieder bei:

Hierauf schritten die Unterschriebenen zur Wahl eines Vorstandes und eines Kommandanten. Einstimmig wurden gewählt und zwar als Vorstand: Josef Klopfer, Landwirt, und als Kommandant Stefan Sperger, Landwirt. Die beiden Gewählten erklärten sich zur Annahme der Wahl bereit.

Laut Unterschrift: Josef Klopfer
Stefan Sperger
Gez. Oßwalt, Kgl. Bezirksamtmann
Xaver Strieb,l Bez. Vertreter
Weininger, Bez. Ers. Vertreter
Sailer, Bürgermeister
Für die Richtigkeit: Christian Hörr sen.

Die neugegründete Freiwillige Feuerwehr Heißesheim lud ihre Mitglieder zu der am 28. März 1914 stattfindenden 1. Generalversammlung ein. Dabei konnte die Mitgliederzahl durch weitere Beitritte auf 36 gesteigert werden. Zu den beiden Gewählten wurden einstimmig in den Verwaltungsrat der Wehr berufen: Als Schriftführer Christian Hörr sen., als Kassier Franz Hartl, welcher zugleich das Amt des Adjudanten übernahm. Bei dieser Versammlung wurde beschlossen, bei der „Ortsgemeinde Heißesheim“ die Anschaffung einer fahrbaren Löschmaschine und die für die Mannschaft erforderlichen Armaturen zu beantragen. Mit Schreiben vom 30. März 1914 wurde die Freiwillige Feuerwehr Heißesheim in den Bayerischen Landes-Feuerwehr-Verband aufgenommen und in ihre Rechte als Verbandsfeuerwehr eingesetzt.

Zum Gedächtnis der Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr in Heißesheim wurde durch den Verwaltungsrat der Wehr am 7. April 1914 auf dem freien Platz bei Haus 14 bzw. 19 eine vom Schriftführer gestiftete Linde gepflanzt. Unter dem Wurzelstock des Baumes wurde in einer versiegelten Glasflasche eine Pergamenturkunde eingelegt. Da dieser Baum vor einigen Jahren trotz des anfänglichen Widerstandes der Heißesheimer Bürger aus „ortsplanerischen Gesichtspunkten“ gefällt wurde, ist der Inhalt dieser Glasflasche bekannt. Die in Zinkfolie gerollte Pergamenturkunde hat folgenden Wortlaut:

A.D. 1914, den 7. April ist dieser Lindenbaum gepflanzt worden. Zum Andenken an die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr zu Heißesheim, welche insgesamt 36 Mitglieder zählt. Gewählt wurden einstimmig:

Josef Klopfer, Land- und Gastwirt: Vorstand
Stefan Sperger, Landwirt: Kommandant
Chr. Hörr sen., Landwirt und Torfstichbesitzer: Schriftführer
Franz Hartl, Landwirt: Kassier und Signalist

Unser Ort zählt ca. 140 Einwohner. 1913 wurde der Kirchturm mit Lärchenschindeln neu gedeckt. Im Knopf des Kirchturms ist vor einigen Jahren auch eine Urkunde eingelegt worden. Seit 1912 ist der Ort an das öffentliche Telefonnetz angeschlossen und wird wohl bald von den Elektrizitätswerken am Lech Licht und Strom erhalten. Möge uns noch lange der goldene Frieden erhalten bleiben, dann wollen wir gern dem Vater Staat die hohen Steuern bezahlen. Verfasser: Chr. Hörr sen.

Unmittelbar danach begannen die Vorbereitungen für den Kauf der Saug- und Druckspritze. Aus mehreren Angeboten wurde eine Land-Fahrspritze auf Federn von der Fa. Magirus, Ewald & Lieb, München, Typ ABS 1, ausgewählt. Mit Schreiben vom 14. Mai 1914 empfiehlt der Bezirksvertreter Müller aus Asbach dem Verwaltungsrat diese Spritze und rät dringend, den Kauf derselben von der Ortsgemeinde und nicht der Wehr aus zu tätigen. Bei einer Pumpmannschaft von 6 - 8 Mann lieferte diese Spritze 150 Liter Wasser/Minute, bei einer Wurfweite von 26 Metern, einstrahlig. Sie kostete einschließlich erforderlichem Zubehör 1100,- Mark, zahlbar in 5 Jahresraten, verzinslich mit 4½ %. Garantieleistung wurde für 5 Jahre zugesichert. Für die persönlichen Ausrüstungsgegenstände mussten weitere 379,- Mark aufgebracht werden. Dazu kamen noch die Kosten für den Neubau des Spritzenhauses, die von der „Ortsgemeinde Heißesheim“ bezahlt werden mussten.

Während des 1. Weltkrieges mussten vier Kameraden ihr Leben für das Vaterland auf dem Felde der Ehre lassen. Im Jahre 1920 gab der Verwaltungsrat der Wehr die Ämter geschlossen in die Hände der Wehr zurück. Aus den erforderlichen Neuwahlen gingen Johann Stengel als Vorstand und Georg Mayr als Kommandant hervor. Georg Mayr sollte die Geschichte der Wehr bis zu seinem Tode 1957 entscheidend prägen.

1923 ließ die Freiwillige Feuerwehr Heißesheim in der Taubstummenanstalt Dillingen für 375 000,- Mark die bis heute einzige Fahne fertigen. Am 13. Mai 1923 übernahm die Freiwillige Feuerwehr Heißesheim das Amt des Patenvereins beim 50-jährigen Gründungsfest der Freiwilligen Feuerwehr Mertingen.

Bei der am 4. März 1924 stattfindenden Hauptversammlung sah sich der Verwaltungsrat veranlasst, aufgrund der „furchtbaren Geldentwertung“ den Kassenbestand von 79 135,- „Papiermark“ für wertlos zu erklären. Der Mitgliederbeitrag pro Quartal wurde auf 20 Goldpfennig neu festgesetzt. Dieser Betrag entsprach laut Niederschrift 200 Milliarden Papiermark. Im Dienstbuch sind in diesem Zeitraum mehrere Inspektionen mit Fuß- und Geräteübungen erwähnt. Sie wurden meist vom Bezirksfeuerwehrvertreter Müller abgenommen und zeugten bei durchweg guten Resultaten von großem Fleiß und Eifer bei den Übungen. Es sind auch mehrere Brandeinsätze festgehalten. So rückte die Wehr zu Bränden in Mertingen 1921, 1924, 1926 und 1927, außerdem zu einem Brand nach Auchsesheim 1927 aus. Ein im Anwesen der Gebrüder Klopfer ausgebrochener Brand konnte am 30. Januar 1922 von den Mitgliedern der Feuerwehr im Entstehen gelöscht werden.

Im 2. Weltkrieg mussten sechs Kameraden ihr Leben für das Vaterland lassen. Die Aufzeichnungen beginnen wieder am 28. Januar 1950. Bei der an diesem Tag stattfindenden Generalversammlung traten 10 junge Männer der Freiwilligen Feuerwehr bei. Zum neuen Vorstand wurde Georg Mayr, zum neuen Kommandant Max Mordstein gewählt. 1957 beginnt für die Feuerwehr das Zeitalter der Motorisierung. Sie erhielt von der Feuerwehr Mertingen eine gebrauchte Tragkraftspritze von der Firma Paul Ludwig. Sie wurde 1961 durch eine TS 8/8 von der Firma Ziegler ersetzt, die bis 1988 ihren Dienst erbracht hat.

Von 1967 – 1969 musste die Einführung einer Pflichtfeuerwehr erwogen werden, als der amtierende Kommandant sein Amt niederlegte und bei der erforderlichen Neuwahl kein neuer Kommandant gefunden werden konnte. 1973 erhielt die Freiwillige Feuerwehr Heißesheim mit einem gebrauchten TSF von der Gemeinde Mertingen ihr erstes Fahrzeug. Das bis zu diesem Zeitpunkt unveränderte Spritzenhaus musste durch Eigenleistung vergrößert werden. Mit diesem Fahrzeug wurde die Wehr zu mehreren Einsätzen gerufen. Sie rückte zu Bränden in Mertingen 1973 und 1978 und zu einem Autobrand 1980 aus. Am 28. April 1975 brannte der Stall- und Scheunentrakt des Landwirts Matthias Saule. Der Freiwilligen Feuerwehr Heißesheim gelang es, das Vieh zu retten und ein Übergreifen des Feuers auf den angebauten neuen Stall zu verhindern.

1976 wurde die Fahne mit Fahnenbändern in der Taubstummenanstalt Zell/Mfr. renoviert, und ein Fahnenschrank wurde gekauft. Seit 1976 werden in regelmäßigen Abständen Leistungsprüfungen durchgeführt. Die Ausrüstung der Wehr wurde in regelmäßigen Abständen verbessert.

Bei der Generalversammlung am 19.12.1986 wurde beschlossen, das anstehende 75-Jährige Jubiläum im Jahr 1988 zu feiern. Zur Organisation wurde ein Festausschuss mit 9 Mitgliedern gewählt, welcher in insgesamt 43 Festausschusssitzungen das Fest plante und vorbereitete. Als Schirmherr konnte der damalige Bürgermeister Hans Leinauer, als Patenverein die Freiwillige Feuerwehr Mertingen gewonnen werden. Im Jubiläumsjahr wurde am 16. Mai 1988 das neue TSF übergeben. Das 75-jährige Gründungsfest fand vom 3. - 5. Juni 1988 statt. Höhepunkt war der Festsonntag mit feierlicher Einweihung und offizieller Übergabe des neuen Feuerwehrhauses und dem neuem TSF an die Freiwillige Feuerwehr Heißesheim. Das Tragkraftspritzen-Fahrzeug ist bis heute im Dienst der Freiwilligen Feuerwehr Heißesheim.

In den Jahren 1988, 1990, 1991, 1994, 2004 und 2005 waren Hochwassereinsätze an der Zusam notwendig. Im Jahr 2011 war ein Einsatz in Mertingen während eines Unwetters, sowie 1989, 1990 und 2004 Brandeinsätze in Mertingen und in der Mertinger Höll notwendig.

Beim 125-jährigen Gründungsfest der Freiwilligen Feuerwehr Mertingen war die Freiwillige Feuerwehr Heißesheim Patenverein. Hierzu fand am 20. Januar 1996 das Patenbitten im Bürgerhaus in Heißesheim statt.

Am 26. Juni 1999 wurde eine neue Feuerwehrlinde im Hofraum des Feuerwehrhauses gepflanzt. Unter dem Wurzelstock dieser Linde wurden in Anlehnung an die ursprüngliche Pflanzung der Feuerwehrlinde in einem verschraubten Edelstahlrohr, das in einem beidseitig verschlossenen braunen Abwasserrohr liegt, diverse Zeitzeichen wie Zeitungsausschnitte, eine Urkunde und Unterschriften aller Anwesenden vergraben. Dieser Baum musste allerdings wegen einer Krankheit noch einmal durch eine resistentere Winterlinde ersetzt werden. Die Beigaben wurden dabei ungeöffnet wieder unter dem Wurzelstock platziert.

Die Freiwillige Feuerwehr Heißesheim stellt als einziger Verein des Ortes ein wichtiges Bindeglied der dörflichen Gemeinschaft dar. Eine Vielzahl von Veranstaltungen wie Theaterfahrten, Sonnwendfeiern, Weinfeste, Preisschafkopfen und das alljährlich stattfindende Margarethenfest tragen entscheidend dazu bei, dass der Verein eine sehr ausgeglichene Mitgliederstruktur hat. Die Freiwillige Feuerwehr Heißesheim zählt heute 55 Mitglieder und wird jederzeit in der Lage sein, ihren Auftrag auszuführen mit dem Wahlspruch der Feuerwehren:

„Gott zur Ehr, dem nächsten zu Wehr“

Günther Mordstein